Worum geht`s?


Keine Zeichnungen, sondern echte Teddybären sind die Helden der in diesem Buch zu entdeckenden Bildergeschichten. Die Teddyfilme begründen ein ganz neues Genre, das es so nur von drei Herstellern von Bilderserien aus der DDR gab: IMAGO, MIKROLUX und KURT HAUFE. Häufig sind die Teddybären von den Fotografen, die auch „Lichtbildner“ genannt wurden, in der wirklichen Natur zu Szenen arrangiert worden: Landschaften, Berge und Seen sind ihre Mitspieler. Unmittelbar vor der Haustür der Bildschöpfer aus Sachsen lagen reizvolle Landschaften, wie das Elbsandsteingebirge und das Elbtal, das alle gleichermaßen als Naturkulissen nutzten. So hatten alle drei Hersteller die Themen Camping, Wintersport und Klettertouren der Teddys im Programm, und immer wieder können markante Felsen und Berge auf den Bildern identifiziert werden. Auch das Weihnachtsthema hatten alle drei Hersteller mit jeweils höchsten Auflagen im Programm. Oder das Fotoatelier wurde mit von Künstlern oder dem Fotografen selbst gemalten Kulissen und davor arrangierten kleinen Ausstattungsstücken zur Bühne. Ganze Zimmer und Straßen, Seen, Sporthallen und Winterlandschaften sind so entstanden und liebevoll mit großem Detailreichtum ausgestaltet worden. Autos, Raketen, Boote, Zelte, Schultüten… alles wurde selbst gebaut und ergänzt durch Spielwaren aus dem Handel. Wunderbare Bildfolgen sind so entstanden, deren Charakter sich bei den drei Herstellern unterscheidet und sie so nicht zu Konkurrenten macht. Alle drei waren in Sachsen beheimatet: Dresden, Radebeul, Kamenz. Die genauen Daten ihrer Geschichte sind nicht immer belegt, denn heute fehlen meist die alten Unterlagen, so dass man auf die Erinnerungen der ehemaligen Firmeninhaber bzw. deren Erben und Mitarbeiter zurückgreifen muss.

 

Im Gegensatz zum Bilderbuch, in dem die Bilder nur eine die Geschichte unterstützende Funktion haben, denn sie illustrieren den Text, ist bei der Bildergeschichte das Bild primär – nur um die Geschichte vollständig verstehen zu können, ist manchmal ein Begleittext angebracht. Die vorliegenden Bilder sind ganz der alten Bildergeschichte verhaftet, wie sie von Wilhelm Busch und den Bilderbögen aus Neuruppin und München ausgeführt wurde. Hier gibt es keine Spur von Comic und Sprechblasen, wie sie nach dem zweiten Weltkrieg mit Mickymaus und Donald Duck verstärkt aus USA herüberschwappten. Der Eiserne Vorhang hat sie ein wenig ferngehalten von den Produkten, die in der DDR entstanden sind. Das macht die vorliegenden Teddybilder ganz besonders liebenswert.

 

1961 heißt es in einem Verzeichnis der Firma IMAGO: Die Fotos „bringen Teddy nebst Familie zu wirklichem Leben in der umgebenden Natur, der gleichen, die auch uns umgibt. Teddy erfüllt sie mit seiner dankbaren Freude an allem, was sie uns schenkt und erleben läßt [sic], und seine… Gemütskräfte, die aus den Bildern zu uns sprechen, tun selbst uns Erwachsenen einmal wohl. Welche Liebe im Familienleben… Wieviel Kleinarbeit erkennt man… als notwendige Vorbereitung für einwandfreien Gefühlsausdruck! Und aus solcher intensiven Vorarbeit und anschließenden Einfühlung entstehen diese einmaligen Teddy-Bildreihen, die hoch über allen nur gestellten und geknipsten Teddybär-Bildern stehen. Fernab von jedem süßlichen Kitsch liegen diese Darstellungen, die in all ihrem Realismus doch aus dem Herzen geschaffen sind und darum zum Herzen unserer Kinder – und nicht nur der Kinder – sprechen.“

 

Die Teddys in diesen Geschichten sind keine Spielbären eines Menschen, also nicht „nur“ ein Spielzeug. Sie bilden eine eigene Spezies, die selbständig ohne Menschen lebt. Märchenhaft. Aber dabei sind sie doch genauso veranlagt wie wir, haben die gleichen Lebensgewohnheiten, leben in Häusern, sorgen für ihren Lebensunterhalt, erziehen ihre Kinder, treiben Sport, verunfallen im Straßenverkehr und streben zu den Sternen. Sie sind unser ALTER EGO, unser anderes Ich, vielleicht auch der Spiegel, der uns vorgehalten werden soll.

 

In der DDR waren diese in Mono gerollten und in Stereo verdoppelten Teddybilder überaus beliebt. Im westlichen Teil Deutschlands sind sie trotz Imports aus dem Osten längst nicht so verbreitet gewesen - wegen des allgemeinen Überangebots an Spielzeug und des Imports von Bildwerfern nebst Dias aus den USA, besonders von Mickymaus und Konsorten. Heute sind sie in beiden Teilen fast vergessen. Diese Tatsache und der ganz besondere Reiz dieser wunderschönen Bilder sind der Anlass, diese Teddy-Fotos genauer zu betrachten. Und zwar alle. Denn es ist versucht worden, hier das empfindliche, gealterte, verblaste und oft nicht sehr gut erhaltene Fotomaterial mit echten Teddybären als Fotomodell in komplettem Umfang abzubilden und damit zu konservieren. Leider kann der faszinierende Stereoeffekt hier nicht wiedergegeben werden.


DANKE

möchte ich an dieser Stelle den Vertretern der drei Hersteller dieser Bilder sagen: Lothar Weitzmann, Andreas Pietrucha und Christoph Cerny, die mich nicht nur mit internen Informationen versorgt haben, sondern mir auch die Urheberrechte an den Bildern übertragen haben. Ohne das wäre das Projekt zum Scheitern verurteilt gewesen.



Der Inhalt


VORWORT                                                                                                                         

 

1.       STEREO – Eine Einführung                                                                                              

 

2.       IMAGO                                                                                                                              

                   Die Firma

                     Texte                                                                                                                     

Strahlbildbänder                                                                                                

Dia-Serien mit sechs gerahmten Dias                                                                    

Farbfotos des Kalenders                                                                                          

Postkarten – eine Auswahl                                                                                    

 

3.       MIKROLUX                                                                                                                         

    Die Firma und ihre Geräte                                                                                      

    Dia-Rollfilme                                                                                                            

    Stereo                                                                                                                        

    Die Bären und ihre Bilder                                                                                         

                 1.Die erste Generation – Klassikteddys                                                      

                 2.Der Extra-Teddy mit dem Herzgesicht                                                     

                 3.Die zweite Generation – Die Busch-Bären                                                           

                 4.Die dritte Generation mit großem Kopf und schwarzen Augen               

                 5.Ausnahme-Teddys auf dem Film ohne Nummer                                       

                 6.Die vierte Generation mit den Stoffaugen                                              

                 7.Der kleine Teddy Tapp                                                                          

    Texte                                                                                                                     

     Gestaltung                                                                                                             

 

4.      KURT HAUFE KG                                                                                                         

     Die Firmengeschichte                                                                                                     

     Bildkarten und ihre Betrachter                                                                             

1.Stereostreifen                                                                                          

2.Dia-Serien mit sechs gerahmten Dias                                                     

3.Sechserkarten                                                                                        

               4.Runde Scheiben 

  Die Bären                         

         1.Haufe-Bären                                                                                          

                  2.Czerny-Bären                                                                                           

                  3.Die letzte Bärenart                                                                                  

     Die Bilder                                                                                                               

 

5.      Liste aller Teddy-Bilder-Serien                                                                                          

6.      Literatur                                                                                                                             

7.      Quellen und Genehmigungen  

8.      Danksagung  

                                   

                                                                                              


Überraschungen


Einige Überraschungen lassen sich im Buch finden, Entdeckungen, die die Autorin im Laufe der Arbeit an diesem Buch machen konnte. Hier zwei Beispiele:

Es gab mehrere ganz spezielle Betrachter für die Teddyfilme von IMAGO: Puppenstubenfernseher. Das komfortabelste und originellste Fernseh-Modell mit einer Größe von 11,5 mal 9 mal 7 Zentimetern nannte der Erfinder "Der ideale Fernseher für Puppenstuben". Es findet sich wohl kein zweites dieser Art auf dem damaligen Markt und ist heute eine absolute Rarität. Es ist einer gerade modern werdenden Fernsehtruhe nachempfunden und besteht aus einem Fernseh- und einem Radioteil mit magischem Auge und Skala wirklich bestehender Sender in Ost und West, wie dem Deutschlandsender, dem Rundfunkprogramm des Staatlichen Komitees für Rundfunk der DDR.

Der Tüftler Rudolf Süß aus dem thüringischen Annaberg-Buchholz betrieb eine kleine Manufaktur für  Puppen-stubenmöbel aus Holz und stellte speziell für IMAGO diese kleinen Geräte her. Diese Truhe arbeitete mit Beleuchtung und einem batteriegetriebenen Motor, der den Film bewegte.

(Einzelheiten bitte im Buch nachlesen.)


Für den Erhalt des Bildmaterials arbeitete Rudolf Süß mit IMAGO zusammen. Bereits eingelegt war beim Kauf der älteste Teddybär-Film „Teddys Urlaubsfreuden“. Man konnte zwar auch andere Filme benutzen, aber dieses Exemplar hatte etwas Besonderes: In den 1950er und 1960er Jahren lief der Sendebetrieb der Fernsehsender in Ost und West nicht durchgehend, es gab morgens einen Sendebeginn und nachts den Sendeschluss.

Dazu wurde jedes Mal eine Uhr eingeblendet, die berüchtigte Fernsehuhr. Im Ostfernsehen bestand deren runde Ziffernskala aus Punkten, und im Westfernsehen setzte sie sich aus Strichen zusammen. Das führte in den 1960er Jahren in den Schulen zur Anstiftung zur unfreiwilligen Denunziation der Eltern durch ihre Kinder, wenn der Lehrer die Fangfrage stellte, wie denn die Fernsehuhr aussähe. Wenn das Kind wahrheitsgemäß und treuherzig antwortete, sie hätte Striche, weil es zu Hause Westfernsehen gesehen hatte, wussten der Lehrer und in der Folge die Kontrollorgane der SED, wer verbotenerweise „Westen“ sieht. Denn Westfernsehen galt als potentiell gefährlich und war zunächst strengstens verboten. Und das hatte unangenehme Folgen für diese „geistigen Grenzgänger“. Oft wurden die vielfach umgebauten Antennenanlagen zum Westempfang zerstört, aber zumindest wurde westlicher Fernsehkonsum in den Kaderakten der Eltern und den Schülerakten der Kinder negativ vermerkt, und trug zur Sammlung von Schlechtigkeiten und Vergehen der stets beobachteten Menschen in der DDR bei. Die Autorin, der als Kind mehrfach diese Frage gestellt wurde, hatte es gut. Sie kannte die Falle vom ersten Schultag an. Ihre ehrliche Antwort: „Wir haben keinen Fernseher!“

Umrahmt von einem Schriftband mit dem Herstellernamen „IMAGO Strahlbild“ wird vor dem Filmnamen und dem Beginn des Filmes diese Uhr eingeblendet, um ein „echtes“ Fernsehgefühl zu erzeugen. Dieses Film-Exemplar ist also eine Sonderanfertigung von IMAGO nur für diesen kleinen Fernseher, von dem es wegen des immens teuren Preises von 25,40 DDR-Mark nur sehr wenige gegeben hat.


Eine letzte Bärenart bei KURT HAUFE und Christoph Czerny ist eine Design-Entdeckung! Es sind unveröffentlichte Teddyfotomodelle aus der DDR von etwa 1987. Diese ungewöhnliche Teddybärart ist für ein neuartiges Gerät entwickelt worden. Der Prototyp einer außergewöhnlichen Stereobetrachtung in der Art der bekannten Kinobox von KURT HAUFE entstand in den frühen 1970er Jahren – die Stereo-Kinobox. Der Benutzer musste direkt in das Gerät hineinsehen, und mit einer Kurbel seitlich am Gerät wurden zwei fast identische Filmbänder an seinen Augen vorbei bewegt. Quasi eine verdoppelte Kinobox produzierte bewegte Stereobilder! Sensationell! Aus Rohstoffmangel ist das Gerät nicht mehr in Produktion gegangen. Aber einige der extra dafür produzierten Teddybären haben überlebt. Sie verfügen über ein stufenlos zu öffnendes Maul, über Finger, einen Bart und Augenhöhlen. Sie sind auf Draht gearbeitet und überaus beweglich. Das Besondere aber sind die Augen: Sie haben ein Loch, in das man eine Nadel stecken kann, um damit die Augen in jede beliebige Stellung zu verdrehen. (Einzelheiten im Buch nachlesen.)



Der Anhang


Ein Servive als Nachschlagewerk für Sammler und Liebhaber dieser kleinen reizvollen Bilder ist die im Anhang befindliche Liste aller Teddy-Bilder-Serien, die nach bestem Wissen erstellt wurde. Ob der Versuch, eine Vollständigkeit aller erschienenen Serien mit Teddybären zu erreichen, gelungen ist, wird die Zukunft erweisen. Da immer mal wieder Variationen und ausgetauschte Einzelbilder oder gar ganze Serien mit Neuaufnahmen entstanden sind, die nirgends registriert wurden, wird es immer wieder kleine Unterschiede geben. Entdeckungen sind also nicht ausgeschlossen. Ich würde mich unheimlich freuen, wenn ein Leser eine Bilder-Serie sein Eigen nennt, die im Buch nicht erwähnt und abgebildet ist, vor allem wenn ich sie dann zu Gesicht bekäme - egal ob käuflich, leihweise oder digital. Bitte: Einfach eine Mail schreiben!