STEREO - EIN ERSTER ÜBERBLICK


Stereo: Jedes einzelne menschliche Auge sieht durch den Abstand voneinander sein eigenes Bild, das sich geringfügig von dem des anderen unterscheidet. Durch das Zusammenfügen beider Bilder in unserem Gehirn wird räumliches Sehen ermöglicht. Auch die Stereobilder setzen sich aus zwei fast identischen Fotos zusammen, die mit einer Spezialkamera mit zwei nebeneinanderliegenden gekoppelten Objektiven gleichzeitig aufgenommen werden. Wird das entstandene Bildpaar mit einem Spezialgerät angesehen, sieht man ein einziges phantastisch räumlich wirkendes Bild von hoher Plastizität und räumlicher Tiefe. Unser Gehirn gaukelt uns eine dritte Dimension vor, die physikalisch gar nicht existiert. Eine optische Täuschung, die noch auf jeden Betrachter eine große Faszination ausgeübt hat, egal wie alt er ist.

Stereobildbetrachtung war eine Technik mit verschiedenen Variationen, die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit Papierbildern für Auflicht erfunden worden war, etwas später für große Glasdias. Der erste Fotoapparat – die Stereokamera – war eine Plattenkamera mit zwei identisch geschliffenen Linsen, die Glasplatten verwendete. Sogar mit dem Vorläufer unserer Fotografien, den Daguerreotypien, hat es erste Versuche gegeben, mit zwei Bildern ein Raumbild zu erzeugen. Später kamen die rot-grünen Bilder dazu.

Die damals weitaus erfolgreichste Technik bildete zwei geringfügig unterschiedliche Fotos nebeneinander ab. Die Fotos waren schwarz-weiß, wurden aber oft auch nachkoloriert. Der Erfolg dieser Stereobilder lag auch in ihrer Farbigkeit. Üblicherweise hatte das Bildpaar auf Papier ein Format von 9 mal 18 Zentimetern, als Glasdias gab es unter anderem Formate von 4,5 mal 10 Zentimeter.

 

Koloriertes Stereobild um 1890. Den unterschiedlichen Ausschnitt der beiden Bilder erkennt man deutlich, wenn man die Breite des Zauns am rechten Bildrand vergleicht.


Die Betrachtungsapparate bestanden aus mehr oder weniger aufwändigen Konstrukten mit einfachen Glaslinsen. Wichtig war die senkrechte Trennwand vor den Linsen, die verhinderte, dass ein Auge auf das Bild für das andere Auge sehen konnte. Die individuelle Fokussierung wurde meist durch Verschieben des Bildhalters erreicht.

Es gab viele unterschiedliche Varianten: Links der flach zusammenklappbare Bildhalter aus Holz mit Extralupe zum Betrachten von Details. Daneben der durch den Aufstellspiegel extra beleuchtete kompakte Apparat von David Brewster mit einem Handrad zum Scharfstellen. Weiterhin eine die Augen umschließende Komposition, hier aus ziseliertem Aluminium. Und rechts ein aufwändiges großes Schrankgerät aus Holz mit Staufächern für Stereobilder im Unterteil. 

In fast jedem etwas besser gestellten Haushalt gab es um 1900 ein solches Gerät, das allerdings immer nur eine Person benutzen konnte.

Erst die 1930er, mehr aber noch die 1950er Jahre, brachten durch ihre neuen Technologien einen kolossalen Aufschwung der Stereo-Technik, indem kleine durchsichtige Diapositive auf Film verwendet werden konnten. Preiswerter Kunststoff war nun das Material für die Geräte, so dass sie als Informationsträger und Spielzeuge massenhaft hergestellt werden konnten.

Die amerikanische Firma TRU-VUE hatte die Beliebtheit der alten Stereobetrachter des 19. Jahrhunderts als erste wieder aufgegriffen, erneuert und ab 1933 sehr erfolgreich Stereobetrachter für 35mm-Rollfilme mit 14 Bildpaaren erfunden und hergestellt, die in den Bakelit-Betrachter eingefädelt und mit einem Hebel etwas ruckelig Bild für Bild vorgespult wurden. Die Bildpaare waren also in einer Reihe auf dem Film angeordnet. 1949 gab es 400 verschiedene Schwarz-Weiß-Filme, von denen etwa eineinhalb Millionen Exemplare verkauft wurden. Dazu kamen unzählige nicht käufliche Ausgaben zu Werbezwecken. 1950 eroberten die ersten Farb-Rollfilme den Markt.

Die zweite erfolgreiche Firma für Stereobilder in den USA war VIEW-MASTER, die bereits 1938 ein neues Stereobildsystem entwickelte und die ersten Stereo-Dia-Serien auf runden Papp-Scheiben auf den Markt brachte. Dieser Betrachter hat gegenüber dem alten System den Vorteil, dass kein empfindliches Filmmaterial mehr direkt berührt und bewegt werden musste, denn die Dias waren einzeln in Pappe gefasst und fest positioniert. Das jeweils nächste Bild auf einer runden Scheibe mit sieben Motiven konnte per Hebeldruck angewählt werden, was den Nutzer an den Auslöser eines Fotoapparates erinnert. Zunächst waren die Scheiben eher als Lehrmittel für Erwachsene gedacht. Es entstanden medizinische Lehrbücher und wissenschaftliche Dokumentationen, wie der „Stereoscopic Atlas of Human Anatomy“, der aus 221 Bildscheiben mit zusammen 1554 farbigen Abbildungen des menschlichen Körpers bestand. Das Militär der USA war so begeistert von den neuen Möglichkeiten, dass es die Stereo-Betrachter zur Identifizierung von Flugzeugen während des Zweiten Weltkriegs benutzte. Später sollten die runden Stereobilder eher der Unterhaltung für Zuhause dienen: Reiseziele und Sehenswürdigkeiten waren beliebt, aber auch immer mehr Serien für Kinder, wie Märchen, Walt-Disney-Geschichten und Tierbilder kamen dazu. Zu Beginn der 1950er Jahre wurde es üblich, aus drei Scheiben bestehende Serien zu entwickeln. 1960 gab es davon in USA circa 140 Titel.

Mehrere kreative Köpfe in der DDR schufen Bildergeschichten in vielfältigen Erscheinungsformen, als Mono- und als Stereobilder, und sie nacherfanden ihre eigenen Betrachtungsgeräte dafür. Die meisten Bilder wurden zwecks Devisenbeschaffung für die DDR exportiert, in über 40 Länder, auch in die USA, denn die Bildformate waren international genormt. Meist gab es gedruckte Beilagen mit Erklärungen, bei Kindergeschichten oft gereimten Texte, was liebenswerte kleine literarische Formen ergab. Einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg der Bildstreifen in der DDR hatten die vielen liebevoll gestalteten Teddybär-Geschichten, die neben Sehenswürdigkeiten und Märchen die meist verkauften Bildthemen waren. Hier sollen nur die unterschiedlichen Bilderserien aus der DDR vorgestellt werden, die keine gezeichneten Bilder verwendeten, sondern echte Teddybären als Akteure verwendeten und auf die aus einer großen Sammlung zugegriffen werden kann.


Der in der DDR von den Kindern zur Betrachtung der Rollfilme oder Strahlbildbänder meist benutzte Dia- und Filmprojektor war der „Pouva Magica“. Der Hersteller Karl Pouva hatte 1939 in Freital bei Dresden eine Firma für preiswerte Filmkameras und Diaprojektoren gegründet, die unter anderem ab 1951 eine weit verbreitete und mehrfach im Ausland lizensierte 6x6-Kamera für Kinder und Jugendliche produzierte, die „Pouva Start“. Den in der DDR sehr erfolgreichen Projektor „Pouva Magica“ aus Bakelit stellte die Karl Pouva KG ab 1953 und über die Verstaatlichung von 1972 hinaus bis in die frühen 1980er Jahren ununterbrochen in großen Stückzahlen her. Das Licht erhielt er von einer normalen Haushalts-Glühbirne. Oft wurde er zusammen mit den Diafilmen verkauft und entwickelte sich bald zum Klassiker für die Unterhaltung zu Hause. Nicht nur die Bezeichnung „Jugendbildwerfer“ beschreibt das hauptsächliche Zielpublikum, auch die einfache Konstruktion und der günstige Preis von 22,10 DDR-Mark machten das Gerät zum robusten und beliebten Kinderspielzeug.

 


Etwa 1960 sollte eine neue Idee umgesetzt werden: Stereobilder. Sie sollten als transparente Farbdias hergestellt werden, anstatt der früher bestenfalls nachkolorierten schwarz-weißen, auf Papier abgezogenen Auflicht-Fotos. Für die MIKROLUX-Stereo-Dias entwickelte Bernhard Pietrucha ein Patent zur Herstellung von Stereobildern im Kleinbildnegativformat von 24x36 Millimetern. Die ersten mit dem Patentnamen "MIKROLUX Stereo“ versehenen Dia-Serien im Bildformat 24x36 sind in stabilen schwarzen Kunststoffrähmchen auf den Markt gekommen. Dazu gab es einen passenden hochwertigen Stereobildbetrachter aus Bakelit mit geschliffenen Glaslinsen und Glasmattscheibe, verpackt im anspruchsvollen Glanzkarton.



Für Kinderspielzeug war dieses hochwertige Gerät mit optischen Glaslinsen ziemlich teuer, weshalb Bernhard Pietruchas Freund Heinrich Malinski aus Leipzig für MIKROLUX die Herstellung eines Stereo-betrachters aus Kunststoff unter Verwendung von Glaslinsen und einer Plastikmattscheibe übernahm, dem „Maliscop“. Alle anderen Stereobetrachter, die man in der DDR kaufen konnte, waren Fertigungen verschiedener Hersteller, die Plastiklinsen und Plastikmattscheiben besaßen und preiswert im Spielzeughandel angeboten wurden. "MIKROLUX Stereo" konnte mit allen betrachtet werden.

 

 


1950 kreierte die amerikanische Firma True-Vue einen der ersten Stereobetrachter mit eckigen Karten, die sieben Motive zeigten. Mitte der 1960er Jahre brachte auch KURT HAUFE große Karten mit mehreren Motiven auf den Markt. Im Format von 10,5 mal 15,2 Zentimetern besaß eine Karte sechs Motive, sie wurden ein voller Erfolg. Die neue Kartenart verlangte aber einen neuen Betrachter - den Stereomat.

 

 


Nach dem Vorbild der amerikanischen VIEW-MASTER-Karten kamen Ende der 1960er Jahre die runden Scheiben auch auf den DDR-Markt. In vielen Ländern entstanden zu dieser Zeit ähnliche Betrachter. In der DDR hat außer KURT HAUFE keine andere Firma runde oder eckige Stereo-Karten mit mehreren Bildern hergestellt. Bei den Dias in der runden Form handelte es sich um die gleichen TS-Bilder wie in den Sechserkarten und den Stereostreifen, nur musste es dem Format entsprechend eins mehr geben, also 7 Bildpaare. Die Dias haben mit international normierten Massen von 10,5 mal 11,75 Millimetern ein noch kleineres Format als die anderen HAUFE-Dias. So kommt es schon mal vor, dass einige Motive angeschnitten oder abgeschnitten sind.